Fachkräftemangel effektiv bekämpfen – Das Ausbildungsjahr 2021 durch an die Pandemie angepasste Berufsorientierung an den Schulen retten

Handelskammer und Handwerkskammer melden für das Ausbildungsjahr 2020 aktuell einen Rückgang bei den abgeschlossenen Ausbildungsverträgen von rund 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Begründet wird dies vor allem mit der Pandemie, die dafür gesorgt habe, dass die Möglichkeiten, sich über Berufe auf Messen, über die Berufs- beratung und Praktika zu informieren, eingeschränkt gewesen seien. Nach Zählungen von Jugendberufsagentur (JBA), dem für die duale Ausbildung zuständigen Hamburger Institut für Berufliche Bildung (HIBB) und den Kammern waren Mitte November 2020 noch 1.305 Schulabgänger ohne Ausbildungsplatz, was 20,7 Prozent mehr sind als im Vorjahr. „Jeder und Jede wird gebraucht!“ Das ist nicht nur das Motto der Jugendberufsagentur, sondern entspricht auch den Prognosen für die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt.

Zudem ist es zu einfach, die Corona-Pandemie als alleinige Begründung für den Rückgang bei den Ausbildungszahlen anzuführen. Hinzu kommen nämlich auch strukturelle Probleme bei der Berufsberatung. So liegen die Ausbildungszahlen nicht nur im Jahr 2020 hinter dem Bedarf am Arbeitsmarkt. Zu wenige junge Menschen interessie- ren sich seit Jahren für die duale Ausbildung. Das liegt auch daran, dass inzwischen in Hamburg 57 Prozent eines Jahrgangs Abitur machen und für viele auf ein Abitur automatisch ein Studium zu folgen habe. Vor allem Lehrer an den Gymnasien würden die duale Ausbildung zu wenig als Option nach dem Schulabschluss bewerben.

Zwar betont die Politik immer wieder, dass die duale Ausbildung und ein Studium gleichwertig seien, doch diese Worte werden nicht mit Leben gefüllt. In der Evaluation „Sechs Jahre Jugendberufsagentur“ (Drs. 21/15570) wies die Handelskammer auch in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass aus ihrer Sicht an den Gymnasien noch immer eine einseitige Fokussierung auf das akademische Studium bestehen würde. Gerade angesichts der hohen Studienabbrecherzahlen sei dies für die Betroffenen und den Arbeitsmarkt fatal.

Immerhin wurde an den Gymnasien im Schuljahr 2018/2019 die „Berufliche Orientierung in der gymnasialen Oberstufe“ verbindlich eingeführt. Hierfür steht den Schulen auch das Handbuch „Berufliche Orientierung wirksam begleiten“ zur Verfügung, doch dieses mit Leben zu füllen und dann auch noch in Zeiten einer Pandemie nur ein Jahr nach Einführung des 34 Unterrichtsstunden umfassenden Fachs ist offenbar vielen Lehrkräften nicht geglückt. Online-Angebote der Kammern für Schulen wurden zudem nur verhalten angenommen, auch weil die Schulen technisch oft gar nicht in der Lage waren, eine Videokonferenz zwischen Schülern und Kammern zu ermöglichen. Hier muss die Schulbehörde dringend nachsteuern. „Eine Entwicklung wie in diesem Jahr darf sich nicht wiederholen, auch wenn wir das gesamte nächste Jahr noch unter Corona-Einschränkungen leben werden“, so Hjalmar Stemmann, Präsident der Hand- werkskammer, im „Hamburger Abendblatt“. „Deshalb benötigen wir eine pandemiefes- te Berufsorientierung in den Schulen und mehr Praxisprojekte in den Betrieben.“ Zwar bietet die Agentur für Arbeit mit der Online-Ausbildungsmesse AbiUp Digital am 12. Dezember auch erstmals eine digitale Alternative an, doch diese darf nur der Auftakt vieler vergleichbarer Formate sein, die dann auch mit mehr Vorlauf an den Schu- len kommuniziert werden müssten.

„Jeder und Jede wird gebraucht!“ Das Motto sollte auch der Senat leben und hierfür die Grundlagen schaffen.

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