„Zwei Drittel der Hauptpflegepersonen sind Frauen und fast 40 Prozent der familiär Pflegenden sind über 70 Jahre alt“, so die ernüchternde Erkenntnis des BARMER Pflegereports 2018. Meist sind es Ehepartner, manchmal auch Kinder oder Enkel, die die Pflege von Angehörigen daheim erledigen. Rund 70 Prozent der etwa 65.000 Pflegebedürftigen in Hamburg werden daheim versorgt. Oft geschieht das auch mithilfe von außen wie einem ambulanten Pflegedienst, Tagespflege oder einer sogar im Haus lebenden, meist aus Osteuropa stammenden Pflegekraft. Doch wie die Situation dieser pflegenden Angehörigen in Hamburg genau ist, damit hat sich die Politik bisher zu wenig befasst. Daher sind die in Drs. 22/501 angeführten „Sofortmaßnahmen zur Unterstützung und Entlastung pflegender Angehöriger und häuslicher Pflege“ von der Grundausrichtung nachvollziehbar. Allerdings liegen bereits Informationen vor, die zum Teil nur zusammengeführt werden müssen, sodass der Senat durchaus in der Lage sein müsste, selbst einen umfassenden Bericht über die Situation der pflegenden Angehörigen zu erstellen. In Abstimmung mit Einrichtungen wie beispielsweise dem „Albertinen Haus – Zentrum für Geriatrie und Gerontologie“, den Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege wie Diakonie oder Caritas und ambulanten Pflegediensten müsste so eine umfassende Gesamtschau zu erstellen sein. Auf Basis dieser Erkenntnisse soll dann ein Konzept mit Maßnahmen entwickelt werden, deren Ziel es ist, die Situation der pflegenden Angehörigen zu erleichtern.
Eine Maßnahme kann jedoch bereits sofort erfolgen. So informiert der Senat auf hamburg.de über Angebote für pflegende Angehörige zur Unterstützung im Alltag, allerdings fällt schnell auf, dass ein wichtiger Aspekt hier nicht ausdrücklich erwähnt wird. Angebote zur „Unterstützung bei körperlicher oder seelischer Überlastung“ werden hier allenfalls indirekt offeriert, dabei sind diese durchaus relevant, wie zahlreiche Befragungen Betroffener bereits ergeben haben. Schlafmangel, Rückenschmerzen, Erschöpfungszustände und Depressionen werden als häufigste Beschwerden angeführt. Dies ist nachvollziehbar, denn während die Betreuung von Kindern meist mit zunehmender Selbstständigkeit und vielen positiven Erlebnissen einhergeht, ist die Versorgung von Pflegebedürftigen überwiegend mit dem Abbau von deren Selbst- ständigkeit und deren Fähigkeiten verbunden. Das macht die Pflege zeitintensiver und gibt den pflegenden Angehörigen meist das Gefühl, in der Rolle als Pfleger selbst gefangen zu sein. Vor allem psychische Unterstützung ist daher sehr wichtig, auch um die Zeit und Kraft zu finden, sich selbst wichtige Ruhepausen, Urlaube und Sozialkontakte auch weiterhin zu ermöglichen.
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